Das andere Mal in Bali – oder die dunkle Seite der Macht

Weil mich viele von euch immer wieder fragen:  Wo ist denn deine dunkle Seite? Ist bei dir immer nur alles Licht und Glitzer und Einhorn und Regenbogen?

Nö.

Ich erzähl euch mal die andere Geschichte von Bali. Die Geschichte mit der Darkside, die ich vielleicht so noch nie erzählt habe.

Schon als Jugendliche stopp früher als Kind, habe ich mich eher zu dunklen Seite hingezogen gefühlt. Ich hab zum Beispiel He-Man gespielt mit Matthias, meinem besten Freund in der Grundschule. Er war selbstverständlich Skorpion – uuuuh –  und wir haben immer die Dark Jungs gewinnen lassen, Skeletor & Co.

Weil wir fanden es unfair, dass immer nur die einen gewinnen.

Dann später als Journalistin hab ich mal einen Artikel geschrieben für meinen besten Freund als ich in den 20ern war. Damals hatte er eine ausgesprochen dunkle Seite und die hab ich geliebt. Da hab ich geschrieben, dass ich mich so viel wohler fühle mit Menschen wie ihm, weil sie so ehrlich sind und ich, trotz seiner ganzen Melancholie, seines Schmerzes und seiner Einsamkeit tief in ihm drin Licht spüren kann – und das berührt mich zutiefst.

Er war nicht on the Darkside und war böse.

Nein, er war einfach nur traurig.

Weil ihm schon von klein auf sehr viel Leid begegnet war  – wie auch mir. Verwandte Seelen. Er war sehr traurig und ich war es auch.

Ich finde, es ist wichtig zu differenzieren zwischen dunkel und böse.

Sehr wichtig.

In den heiligen Schriften wie der Bhagavad Gita und dem Yoga Sutra steht, dass es in der materiellen Welt drei Grundenergien gibt:

Sattva, Rajas, Tamas

Sattva = hell, rein, klar, gütig, erhebend

Rajas = hitzig, leidenschaftlich, viel Energie & Aktivität

Tamas = dunkel, träge, nicht klar sehen können, schwer, traurig

Der Yogi strebt ganz klar sattva an.

Dass wir’s nicht gleich perfekt können, ist normal.

Es besteht aber ein Unterschied zwischen Wut und Zorn – auch Trauer und Melancholie – und böse sein.

Wut und Zorn können schon zur dunklen Seite führen. 

Die grundsätzliche Frage ist aber: Will man anderen absichtlich Schaden zufügen – oder nicht?

Anderen absichtlich Schaden zufügen ist nicht yogisch. Das nämlich würde zur dunklen Seite der Macht führen.

Unsere wichtigste Schrift – das Yoga Sutra – ist sehr klar dazu:

Ahimsa – andere nicht verletzen (Yoga Sutra II.30)

ist einer der wichtigsten Werte fürs yogische Leben.

In der Bhagavad Gita wird differenziert, welche Folgen eine gütige Intention hat, welche Folgen eine leidenschaftliche-immer-begehrende Intention hat, welche Folgen eine Intention aus nicht-klar-sehen-können und Dumpfheit (tamas) hat.

Sprich, es kann sein, dass deine Absichten wohlwollend sind, gütig, dass du niemanden schaden willst und dennoch bist du manchmal so wütend und zornig, dass du aus diesem Gefühl heraus jemanden verletzt.

Das ist was anderes als wie wenn wir uns vornehmen, jemand anderem zu schaden. 

Zurück zu Bali. 

2017 hab ich auf Bali mit den Mohans elf Tage lang Gayatri Mantra geübt.

Ich bin wütend-traurig-verletzt angereist. Heart-broken, weil mich Freunde zuvor verletzt hatten.

Gayatri Mantra ist eine Praxis, um Dunkelheit weg zu putzen, damit das Licht, das eh da ist – weil deine Seele hat die Qualität von Licht  – wieder durch gucken kann.

Die ersten Tage war da nichts mit durch gucken. Ich war völlig gefangen in Wut, Schock Traurigkeit, Verletztheit. 

Ich hab diese Praxis gehasst. An manchen Tagen hat es sich angefühlt, als würde ich innerlich brennen.

Aber keine Chance. Die Mohans haben mit uns stur jeden Tag Gayatri Mantra geübt – viele viele Runden am Tag.

So ab Tag neun würde ich sagen ist was passiert.

Ich saß im Shady Shack und trank meinen Cappuccino mit Mandelmilch und guckte raus aufs Reisfeld.

Dann war da plötzlich ein Graffiti auf dem stand: Life is good.

Nicht, dass ich nicht acht Tage lang vorher schon auf dem gleichen Platz gesessen wäre! Ich hab das Graffiti vorher nicht gesehen.

Vorher war ich Lost in meiner eigenen Gefühlswelt.

Tag neun also, der Durchbruch.

Dann bin ich heim geflogen und jeder, wirklich jeder, sogar die Frau, zu der ich zum Wachsen gehe, war völlig von den Socken von meiner Energy. 

Oh, mein Gott, hast du eine gute Ausstrahlung! Was hast du gemacht?

Nichts weiter außer elf Tage Gayatri Mantra.

Wenn es jemand hören wollte, hab ich ihm oder ihr das Gayatri beigebracht.

Ich sah auch auf Fotos anders aus, meine Augen waren klar leuchtend.

Weil mich die Praxis so dermaßen überzeugt hat, hab ich wahrscheinlich das erste Mal in meinem Leben entschieden, diese Praxis jeden Tag weiter zu machen.

Keiner musste mich zwingen.

Ich hab jeden Morgen Gayatri Mantra gechantet, bevor der Tag losging.

Über locker neun Monate.

Dann kam noch mehr.

Im Februar 2018 bin ich nach Indien geflogen mit Vish und Petros.

Rückblickend würde ich sagen, dass das Licht, das ich vorher schon kultiviert habe, ein krasser Boden war, um Krishna Energie zu empfangen.

Obacht: jetzt kommt mein persönlicher Part.

Du kannst locker Gayatri Mantra üben ohne Gott.

Ich mag halt mit Gott lieber.

Wir sind in eine Region gereist, wo Krishna in jedem Baum, im Boden, in jeden Grashalm, in jedem Fluss spürbar ist.

Mein Körper hat diese Energie getrunken.

Gut, dann bin ich aus Indien heimgekommen und es war noch krasser. Selbst Leute, die mich vorher nicht wahrgenommen hatten oder die mich net so besonders mochten, haben mich drauf angesprochen, was ich gemacht habe, weil meine Energie so heftig gut ist.

Ich war in Indien in einer Region, in der Krishna vor 5.000 Jahren als Mensch inkarniert war. Er hat mit bloßen Füßen diesen Boden imprägniert.

Ich bin die ganze Zeit barfuss gelaufen und hab mit bloßen Füßen Krishnas Energie aufgenommen.

Viele Monate lang habe ich diese Praxis beibehalten: Gayatri Mantra, um mich mit meiner Seele zu verbinden und mehr Licht zu spüren. 

Und für mich persönlich zu Krishna gechantet.

Was ich beobachtet habe: solange ich diese Praxis aufrecht hielt, hab ich mich verbunden gefühlt mit meiner Seele und mit Gott.

Hab ich länger aufgehört damit, dann bin ich wieder rausgefallen und zurück in meine wohl bekannte kuschelige Dunkelheit.

Und dann habe ich vor kurzem einen Workshop gehalten, wo ich Gayatri Mantra unterrichtet hab.

Eine Teilnehmerin hat berichtet, dass sie auf Kriegsfuß mit Gayatri steht, weil sie es unerträglich zäh findet. 

Hausaufgabe war klar: Bitte drei Wochen am Stück üben! Jeden Tag, um der Sache noch eine letzte Chance zu geben.

Hintergrund: ein zwei Mal reicht nicht aus, um zu eruieren, ob eine Praxis dauerhaft taugt.

Mindest drei Wochen jeden Tag.

Wenns dann nix ist, kann mans verwerfen, finde ich.

Sattvische Praktiken natürlich.

Nicht jede Praxis eignet sich dafür.

Gayatri Mantra ist eine sattvische Praxis.

Hier ist das Feedback der Teilnehmerin.

Sie hat Freundschaft geschlossen mit dem Gayatri und es in ihre regelmäßige Praxis aufgenommen.

Eine Wirkung, die sie beobachten konnte: sie wusste schon ganz lange was mit dem Kopf und plötzlich, blitzartig, wusste es auch ihr Herz.

Sie würde mal sagen, dass jetzt ein oder zwei Gucklöcher entstanden sind und sie putzt jetzt mal weiter ☺️

Was ich noch dazu sagen will: es geht um nichts geringeres als unsere Seele.

Die Frage ist: Will ich ein Leben führen, aus einer Verbundenheit mit meiner Seele heraus – oder nüsch?

Und ich weiß aus eigener Erfahrung, es fällt nicht vom Himmel, dass ich mit meiner Seele verbunden bin.

Weil mich die materielle Welt permanent zu-schmoddert.

Und so lebt man die meiste Zeit aus dem Kopf heraus.

Aber ich bin stur: und putze weiter!

P.S:  Warum ich diesen Beitrag überhaupt schreiben konnte:

Der Vollmond wars. Der hat vergangene Woche so viel mit mir gemacht, so viel von der alten Dunkelheit hoch gekitzelt, ich hab zum Beispiel sehr wild allein am Walnussbaum getanzt zu tottrauriger Mucke. In früheren Leben hätten se mich verbrannt dafür.

Die ganze Woche habe ich wahrscheinlich alles an Gefühlspalette gefühlt, was man als Mensch so fühlen kann. Und zwar mit viel Drama.

Als ich in einem ganz tiefen Tief war und ich in dem Moment Instagram aufgemacht habe – um mich abzulenken von meinem Drama. In dem Moment hab ich gesehen, dass mein Bhakti Lehrer Vish grad ein Live hält. Just in dem Moment. Perfect timing.

Und ich hab mich erinnert, für welchen Weg ich mich entschieden habe.

Ich hab mich erinnert, dass es eine Entscheidung ist, für welchen Weg wir uns entscheiden.

Ich hab mich erinnert, dass ich mich für das Licht entschieden habe und für Krishna.

Ich hab mich erinnert, dass egal wie viel dunkles um mich herum ist, Krishna plötzlich auftauchen kann und er mir die Hand reicht und ich wieder spüre, wohin es weitergeht.

Mein Lehrer Vish war übrigens in den dunkelsten Stunden meines Lebens da und hat mit einer Fackel die Dunkelheit erhellt. Und diese Fackel war Gott.